Der Rückfall in alte Verhaltensmuster wird für Maria Teresa vermutlich auch privat Konsequenzen haben. Die neuerlichen Wutausbrüche der Großherzogin gegenüber Mitarbeitern des Hofs, lassen sich nicht mehr mit ihrem „südländisches Temperament“ erklären. Trotz klarer Sanktionen hinsichtlich ihrer Aufgaben und ihrem Status am Hof, die nach jahrelangem „völlig inakzeptablem Verhalten gegenüber dem Personal“ verhängt wurden, hat Maria Teresa im Lauf des letzten Jahres mindestens zwei enge Mitarbeiterinnen fertig gemacht, wüst beschimpft und mit verbalen Exzessen niedergemacht. Da die Sanktionspalette der Regierung ausgeschöpft ist, soll sich die Großherzogin nun einer Therapie unterziehen.
„Es war nur eine Kleinigkeit und doch so, als würde ein unsichtbarer Schalter umgelegt“, beschreibt ein Mitarbeiter am Hof das unberechenbare Verhalten der Großherzogin. „Obwohl sie eben noch gelacht hat, schreit und weint sie, knallt Türen und wird verbal ausfallend.“ Schon lange spricht das Personal am Hof von „deutlich erkennbaren Gemütsschwankungen“. Maria Teresa könnte von einer sehr zuvorkommenden und freundlichen Phase ganz plötzlich ausfallend und respektlos werden. Sie sei unberechenbar und gebe Arbeitsanweisungen, die sich oft widersprechen. Auffälligkeiten, die schon seit Jahren bei der Großherzogin festzustellen wären. Zuletzt traf die Wutattacke ihre Beraterin sowie ihre Assistentin. „Wenn die Großherzogin plötzlich die Nerven verliert, kommt das nicht nur für die betroffene Person überraschend“, so der Mitarbeiter des Hofs. „Auch völlig Unbeteiligte haben sich häufig über sie erschrocken.“
Anti-Aggressionstraining
Auch wenn der großherzogliche Hof bei den erneuten Verfehlungen von Maria Teresa lediglich von einem „bedauerlichen Einzelfall“ spricht, wird von der Großherzogin nun verlangt, den ausgesprochen miesen Umgang mit dem Personal am Hof zu ändern. Das betrifft nicht nur ihre Wut- und Tobsuchtsanfälle. Auch ihre Aggressionen muss sie in den Griff bekommen, die in der Vergangenheit schon einmal in einer Ohrfeige für eine Mitarbeiterin mündeten. Wie auch die ständigen Drohungen mit fristloser Kündigung oder Versetzung, die durchaus unter dem Begriff „Mobbing“ zusammenzufassen sind.
Bei Maria Teresa ist Wut zum Dauerzustand geworden. Mit der erwähnten Ohrfeige hat diese Wut bereits nicht mehr vertretbare Züge angenommen. Experten raten in diesem Fall deshalb zur professionellen Hilfe. Im Rahmen einer Psychotherapie oder klinisch-psychologischen Behandlung lernen Betroffene, die Wutanfälle zu regulieren. Dabei kommen oft Achtsamkeitstechniken (Ärger wahrnehmen und benennen) und passende Übungen (zu Gefühlsausdruck und -regulierung) zum Einsatz. Das sogenannte Anti-Aggressionstraining wurde zur Vorbeugung aggressiven Verhaltens entwickelt. Dabei wird Maria Teresa gezielte Trainingseinheiten durchlaufen. Sie sollen den Umgang mit Aggressionen und Abbaumöglichkeiten vermitteln.
Anti-Wut-Training
„Wutausbrüche und der Verlust oder Mangel an sozialen Kompetenzen sind eng miteinander verbunden“, erklärt Diplom Psychologe Thomas Richter. Wutausbrüche sind für ihn nichts anderes als eine Störung der Kommunikation. „Betroffene fühlen sich missverstanden oder es fehlt an Empathie gegenüber anderen Menschen, die sie durch ihr Verhalten kränken.“ Mit einer Therapie im Bereich der „sozialen Kompetenz“ könnte Maria Teresa die Fähigkeit erlangen, soziale Beziehungen am Arbeitsplatz angemessen zu pflegen. „Dazu gehört immer das richtige Maß zwischen Geben und Nehmen, Mitteilen und Zuhören, Anspruch und Kompromiss zu finden“, so Richter.
Ein soziales Kompetenztraining wird der Großherzogin helfen, die eigenen Verhaltensweisen kritisch zu reflektieren und neue Strategien im Umgang mit ihren Mitarbeitern zu entwickeln. Hier wird in Gruppen geübt. „Die Gruppentherapie eignet sich deshalb besonders gut, eine andere Art der Kommunikation zu erlernen und wird aus diesem Grund bevorzugt bei der Behandlung eingesetzt.“
Ein „Anti-Wut-Training“ ist hingegen keine Therapie, sondern eher eine Art „Sofortmaßnahme“ gegen einen drohenden Tobsuchtsanfall. Entspannungsspezialistin und Moderatorin Arlette Drexler hat drei durchgreifende Methoden, seine Wut im Büro sofort unter Kontrolle zu bringen. Das würde in jedem Fall Maria Teresa sofort helfen. Arlette Drexler weist jedoch darauf hin, dass man „in der Lage sein muss, zu erkennen, wann man kurz vor der Explosion steht.“ Ob dies bei Großherzogin Maria Teresa gegeben ist, ist fraglich!
Drexler nennt als effektivste Maßnahme: „Augen schließen, tief durchatmen und in Gedanken langsam bis zehn zählen. Gerne kann man sich auch sagen: ‚Das ist nur ein Gefühl‘.“ So könne man sich beruhigen. Rausgehen – „Wenn man merkt, wie die Wut in einem hochsteigt, entschuldigt man sich kurz und verlässt für einige Minuten den Raum. Man läuft am besten einige Schritte, um sich abzureagieren – wenn möglich an der frischen Luft.“ Letzter Tipp: „Kälteschock auslösen. Ein starker Körperreiz kann einen von der Wut ablenken. Nicht allzu schlimm und zum Beispiel auch im Büro gut anzuwenden – kaltes Wasser über die Unterarme laufen lassen.“
Egal welche Therapie – grundlegend wird die Ursachenforschung der Aggressionen sein. Der Hof erklärt die neuen Wutausbrüche der Großherzogin damit, dass nach der Pandemie ein sehr voller Terminkalender der Großherzogin vorgelegen hat. Doch kann Überforderung tatsächlich die Erklärung für ein solches Verhalten sein? Für Experten, wie Lebensberaterin Evelyn Albrecht, liegt das Problem bei Maria Teresa deutlich tiefer. „Meist hat sich bei der Frau bis zum Zeitpunkt des Explodierens schon viel Frust angesammelt, der sich so entlädt. Wenn Frauen ausrasten, liegt meistens schon ein langer Weg unterdrückter Emotionen hinter ihnen“, sagt Albrecht. Über Wochen, Monate oder sogar Jahre würden sich Enttäuschungen, Überbelastungen, Frust und Wut ansammeln, bis es schließlich zum großen Knall kommt.
Oft werden Wutausbrüche bei Frauen, wie bei Luxemburgs Großherzogin, von Experten wie Albrecht auf die Belastung durch Haushalt, Beruf, Freizeitaktivitäten und Kinder zurückgeführt. Viele werden nun sagen, dass Maria Teresa dies nicht notwendig hatte. Mit dem notwenigen Personal ausgestattet, hatte sie problemlos bestimmte Bereiche ausklammern können. „Hat sie aber nicht getan“, sagen Angestellte des Hofs übereinstimmend. „Sie hat sich ständig in alles eingemischt. Sie hat am großherzoglichen Hof uneingeschränkt das Sagen gehabt, obwohl es ausgebildete Mitarbeiter gab. Sie hat bei Empfängen über das Menü entschieden, in der Küche Anweisungen gegeben. Sie hat den Blumenschmuck ausgesucht und arrangiert, die Platzierung des Buffets sowie von Tellern und Besteck bestimmt. Sie hat sämtliche Dokumente und Mitteilungen gelesen, korrigiert oder zerrissen. Es hat keinen Bereich gegeben, in dem sie nicht präsent war“, so ein Angestellter des großherzoglichen Hofs.
Maria Teresa neigt als Großherzogin zu Perfektionismus und kann deshalb keine Aufgaben delegieren. Unbestritten nimmt sie repräsentativen Aufgaben durchaus ernst. Wollte bei ihren fünf Kindern niemals als Mutter versagen. Und wollte ihrem Mann Großherzog Henri immer eine attraktive Frau sein. Neben all ihren Aufgaben im caritativen Bereich. Deshalb stand Maria Teresa schon sehr früh unter einer enormen Mehrfachbelastung und kämpfte sich durch eine Vielzahl von Aufgaben.
Mehrfachbelastung und fehlender Freiraum
Das mag durchaus selbst verschuldet sein. Doch Diplom Psychologin Ute Zander sieht bei der Großherzogin ein weiteres belastendes Element. Frauen wie Maria Teresa relativieren Probleme sehr lange und reißen sich stark zusammen. „Es wird immer alles brav erledigt, ohne Freiräume für eigene Bedürfnisse zu schaffen“, so Zander. Besonders Frauen wie Maria Teresa neigen dazu, ihre Gefühle unter den Teppich zu kehren. „Viele Frauen denken sich, das sei alles noch nicht so schlimm und beißen lieber die Zähne zusammen, anstatt Stopp zu sagen“, sagt die Expertin.
„Was aber nicht bedeutet, dass Frauen keine Signale senden, wenn ihnen die Aufgaben über den Kopf wachsen.“ Die Warnsignale bei Maria Teresa waren mehr als deutlich. Denn die junge Monarchin wollte rechtzeitig die Notbremse ziehen, als sie auf eigene Faust das Großherzogtum verlassen und dem „goldenen Käfig“ entfliehen wollte. Auch ihre stetigen Reisen nach Paris kann man als ein solches Zeichen deuten.
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